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Heilerziehungspflege fordert Unterstützung

Positionspapier zur Situation der Heilerziehungspflege in Baden-Württemberg

Heilerziehungspfleger:innen (HEP) sind die Expert:innen für Teilhabe, Bildung und Pflege. Das Ziel der Heilerziehungspflege ist es, Menschen mit Unterstützungsbedarf aller Altersgruppen bei deren Selbstbestimmung und im Alltag in unterschiedlichsten Feldern zu unterstützen. ALLE Menschen sollen mitten in und an der Gesellschaft teilhaben und teilsein können. Die konkreten Einsatzorte von HEPs sind vielfältig: HEPs ermöglichen Teilhabe an Gesellschaft, Bildung und Arbeit.

Persönlichkeitsentwicklung inklusive
Die Ausbildung zur Heilerziehungspflege baut auf dem mittleren Bildungsabschluss und einer beruflichen Vorerfahrung auf. Ziel der modularisierten Ausbildung ist der Erwerb beruflicher Handlungskompetenzen; die Begleitung der Persönlichkeitsentwicklung der Fachschüler:innen ist ein wesentlicher Bestandteil der dreijährigen HEP-Ausbildung, die in der Regel praxisintegriert im Wechsel zwischen Fachschule und Fachpraxis stattfindet.
Die Ausbildung führt zum Bachelor Professional im Sozialwesen und ist im Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen dem Niveau 6 (DQR 6) zugeordnet. Mit diesem Abschluss steht nach der Ausbildung der Weg an die Hochschulen offen, diverse Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten eröffnen vielfältige Perspektiven für die Absolvent:innen.

Menschenrechte und Menschenwürde
Seit 2009 gilt die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN BRK) in Deutschland. Ziel der UN BRK ist es, „den gleichberechtigten Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten.“
Die Umsetzung der UN BRK benötigt, ebenso wie das „Gesetz zur Stärkung der Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“ (kurz BTHG) HEPs! Nur wenn Menschen mit eindeutigem, ganzheitlichem Blick auf die Person begleitet werden, können Menschenrechte und Menschenwürde Wirklichkeit werden. HEPs tragen zu einer Welt bei, in der ALLE selbstbestimmt und in Würde ihr Leben führen und sich entwickeln können.

Wie es auch ist
Aktuell reicht die Anzahl der Ausbildungs- und Berufs-Interessent:innen nicht aus, um den tatsächlichen Fachkräftebedarf abzudecken. An allgemeinbildenden Schulen wird zu wenig über das Berufsbild berichtet. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Berufsangehörige vor der Berentung stehen. Die Folge: Ein erheblicher Druck im Arbeitsfeld entsteht. Das wiederum kann zur Überlastung und Erschöpfung der im System Verbleibenden führen. Personalverantwortliche stehen vor großen Herausforderungen. Begegnet wird dem teilweise durch den Einsatz von Leiharbeitsfirmen, die aber faktisch zu einer 2-Klassen-Gesellschaft der Tätigen führen und die Begleitarbeit verteuern ohne erkennbaren Mehrwert für die begleiteten Menschen mit Unterstützungsbedarf.
Positiv ist, dass sich Menschen aus unterschiedlichen Ländern für das Arbeitsfeld interessieren. Sie sehen in der Ausbildung HEP eine Möglichkeit, sich in Deutschland eine Zukunft aufzubauen. Leider ist die Personengruppe der Internationalen oft bürokratischen Hürden und langen Zeiten der Ungewissheit ausgesetzt. Oft dauert es zu lange, bis deutsche Behörden entsprechende Aufenthaltstitel aussprechen oder Anerkennung von Zeugnissen überprüfen.
Die wichtige Begleitung dieser Personengruppe mit internationalem Background bei der Integration in sprachlicher und kultureller Hinsicht wird dabei von den ausbildenden Fachschulen und den Einrichtungen der Eingliederungshilfe übernommen. Eine Unterstützung erhalten die Fachschulen und Einrichtungen bisher nicht bei der Erfüllung dieser gesellschaftlich bedeutsamen Aufgabe.

Was wir fordern!
Die Unterzeichner:innen dieses Positionspapiers, ein breites Bündnis aus den Fachschulen für Heilerziehungspflege in der LAG HEP Baden-Württemberg sowie den Verbänden der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg, dem Berufsverband HEP, den Heilerziehungspfleger:innen und den Auszubildenden sowie den Menschen mit Behinderung und ihren Angehörigen, machen sich stark
für die Heilerziehungspflege in Baden-Württemberg und fordern:

  1. Menschen mit Unterstützungsbedarf und alle, die sie begleiten, insbesondere die HEPs brauchen
    mehr öffentliche Anerkennung, Respekt und Wertschätzung!
  2. Wir fordern politisch Verantwortliche und alle anderen gesellschaftlichen Akteure auf, sich stark zu
    machen für die Heilerziehungspflege und damit dazu beizutragen, dass dieser wichtige Beruf bekannter
    wird.
  3. Der Beruf Heilerziehungspflege und die Arbeitsfelder der Eingliederungshilfe und Sozialpsychiatrie
    werden in der öffentlichen Wahrnehmung immer wieder an den Rand gedrängt. Berechtigt wird für
    die generalistische Pflegeausbildung in bundesweiten Kampagnen geworben. Auf den Beruf der
    Erzieher:in wird flächendeckend und notwendig vom Land Baden-Württemberg aufmerksam gemacht.
    Die Heilerziehungspflege scheint aber systematisch bei allen Bemühungen für eine Aufmerksamkeit
    für soziale und pflegerische Berufe vergessen zu werden. Wir fordern eine eigenständige
    Landeskampagne, die auf die Notwendigkeit des Berufs Heilerziehungspflege und das Arbeitsfeld
    aufmerksam macht.
  4. Wir fordern eine Entbürokratisierung und Beschleunigung der Zugänge für Berufs- und Ausbildungsinteressierte
    aus anderen Ländern.
  5. Wir fordern eine (auch finanzielle) Unterstützung der Einrichtungen und Fachschulen bei der gesellschaftlich
    wichtigen Integrationsarbeit der Personengruppe der Internationalen.
  6. Wir fordern eine Schulgeldfreiheit für alle Auszubildenden in der Heilerziehungspflege und eine entsprechend
    angepasste Bezuschussung der Fachschulen durch das Land Baden-Württemberg.
  7. Die Tätigkeitsfelder und Einsatzmöglichkeiten von HEPs sind breit angelegt. Wir fordern eine umfassende
    Aufklärung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die möglichen Arbeitsfelder von HEPs
    und entsprechende Beratung durch Jobcenter.

Menschen mit Unterstützungsbedarf und die sie begleitenden HEPs müssen in ihrer Bedeutung für die
Gesellschaft anerkannt und wahrgenommen werden!

Wir freuen uns über weitere Unterstützung!