Die Hanauerland Werkstätten werden 60 Jahre alt: Dies wurde am vergangenen Sonntag mit einem großen Fest auf dem Gelände der Diakonie Kork gefeiert. Zahlreiche Besucher strömten schon am Morgen auf den Platz, auch der Wettergott meinte es nach Tagen des Regens gut mit den Feiernden.
Mit 30 Arbeitsplätzen für Menschen mit Beeinträchtigungen in einem ehemaligen Stallgebäude begann 1964 die Erfolgsgeschichte der Hanauerland Werkstätten, bei denen heute, 60 Jahre später, über 500 Menschen nicht nur Beschäftigung, eine Tagesstruktur und Teilhabe am Arbeitsleben erhalten, sondern auch Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen gefunden haben. 1975 konnte nach langen Verzögerungen endlich das Werk I eingeweiht werden, in dem 70 Menschen Arbeit fanden. Zehn Jahre später arbeiteten hier 184 Menschen, es folgte ein Erweiterungsbau, eine Werkstatt für Menschen mit seelischen Erkrankungen und schließlich ein weiteres Werk in Kehl.
„Es war ein langer Weg, der damals begann und noch nicht zu Ende ist“, sagte Frank Stefan, Vorstand der Diakonie Kork, beim Eröffnungsgottesdienst zur Jubiläumsfeier. So mancher Stein habe aus dem Weg geräumt werden müssen, mal habe es an Aufträgen gemangelt, mal sei die Finanzierung schwierig gewesen.
Derzeit werde in Deutschland darüber gestritten, ob spezielle Werkstätten für Menschen mit Behinderungen richtig oder falsch seien, so Frank Stefan. Manche plädierten dafür, dass die Menschen in „normalen‘ Betrieben arbeiten wie andere auch, andere hielten ein wirtschaftliches Arbeiten mit ihnen für unmöglich.
Die Menschen, die in den Hanauerland Werkstätten beschäftigt sind, haben aufgrund ihrer Beeinträchtigung selten Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt. Manche können auch gar nicht arbeiten: Sie erhalten in einer der mittlerweile 21 Gruppen der Heilpädagogischen Förderung (HpF) speziell angepasste Angebote, die ihren Möglichkeiten und Fähigkeiten entsprechen und ihre Entwicklung und Persönlichkeit stärken.
Andere können leichte Arbeiten erledigen: Im Produktionsbereich der Hanauerland Werkstätten stellen sie Eigenprodukte und Auftragsarbeiten für Firmen aus der Region her, beispielsweise Papierprodukte wie Spiralblöcke oder Kalender oder Kabelbäume im Bereich Elektromontage. Auch im Bereich Verpackung und Montage gibt es viele Arbeitsplätze.
Im Berufsbildungsbereich schließlich werden Menschen mit psychischen und seelischen Beeinträchtigungen geschult, damit sie ihre Begabungen und Fähigkeiten einsetzen lernen, um so am Arbeitsleben teilnehmen können.
Das Werk I, das sich auf dem Gelände der Diakonie Kork befindet, konnte im Anschluss besichtigt werden, ebenso einige Werkstätten der HpF wie die Holz- und Nähwerkstatt. Die Produkte, die dort von den Beschäftigten von Hand hergestellt werden – wie Insektenhotels, Nistkästen, Brotbeutel oder Duftsäckchen – konnten direkt vor Ort auch erworben werden.
Aber nicht nur in den Werkstätten, sondern auch auf dem gesamten Gelände war viel Interessantes geboten: Es gab eine Kunstausstellung mit Werken von Beschäftigten der HpF, einen Naturerlebnispfad für Kinder und einen Kreativmarkt mit Holz- und Töpferwaren, Selbstgenähtem und -gehäkeltem, Gemälden und vielem mehr. Spiel und Spaß gab es bei den vielen Mitmachstationen, wobei die Besucher das Gelände und das Angebot der Hanauerland Werkstätten kennenlernen konnten.
Auch die Unterhaltung kam nicht zu kurz: Musikalisch wurden die Gäste von den HuPFe-Trommlern, der seit 2007 bestehenden inklusiven Trommelgruppe, den Holderstock Musikanten aus Altenheim und dem Musikverein Germania Kork unterhalten. In einer Lesung wurde das Kinderbuch „Wabi sabi mit Wasabi“ vorgestellt, das die Schönheit des Unperfektseins zum Thema hat und von Menschen mit und ohne Behinderung gestaltet wurde, und gemeinsam mit Kindern des Willstätter Kindergartens Krempenbrunnen wurde ein Theaterstück aufgeführt, in dem viele Märchenfiguren vorkamen.
Den Abschluss des Jubiläumstags bildete das große Chorprojekt unter der Leitung von Ellen Oertel: Der Projektchor der Hanauerland Werkstätten, die „Iklus“, die Inklusionsband der Musikschule Offenburg/Ortenau, der Jugendchor der Musikschule Kehl und der Gebärdenchor gaben in der vollbesetzten Kreuzkirche ein fröhliches und berührendes Konzert, das vom Publikum begeistert aufgenommen wurde.